Das eigene Architekturbüro gründen
Von YourProject, 18. Jun 2019
Von YourProject, 18. Jun 2019
Im Bereich der Architektur stellt die Selbstständigkeit keine Ausnahme dar. Ganz im Gegenteil: Deutschlandweit bieten mehr als 40.000 Büros ihre Dienstleistungen auf dem Markt an. Es gibt viele Gründe, die für die Gründung eines eigenen Büros sprechen. Als Selbstständiger sind Sie Ihr eigener Chef, können Ihren Ideen und Vision nachgehen und begegnen besseren Verdienstaussichten.
Der Schritt in die Selbstständigkeit ist jedoch kein Selbstläufer, sondern verlangt eine gute Vorbereitung. Bis zur Gründung Ihres Büros gilt es zahlreiche Überlegungen anzustellen, Aufgaben zu erfüllen und Entscheidungen zu treffen. Worauf es dabei ankommt und wie Sie dabei am besten vorgehen, wollen wir Ihnen anhand von zehn Schritten aufzeigen.
Ob man für eine Existenzgründung bereit ist, hat neben der fachlichen Qualifikation viel mit der Persönlichkeit zu tun. Während sich die einen nach einem sicheren Arbeitsplatz mit geregeltem Einkommen und überschaubaren Arbeitszeiten sehnen, überwiegt bei anderen der Wunsch nach Gestaltungsfreiheit und Verantwortung. Sind Sie bereit Risiken einzugehen, sich anhaltenden Stresssituationen auszusetzen und auf Freizeit weitgehend zu verzichten? Stellen Sie sich diese Fragen und seinen Sie dabei möglichst ehrlich und gewissenhaft.
Eine starke und selbstbewusste Unternehmerpersönlichkeit reicht für die Gründung eines Architekturbüros jedoch nicht aus. Um sich Architekt nennen zu dürfen, müssen Sie nämlich in einer der 16 Landeskammern eingetragen sein. Dies setzt in der Regel ein abgeschlossenes Studium mit einer Mindestregelstudienzeit von vier Jahren, einen Nachweis über eine zweijährige Tätigkeit sowie Weiterbildungsmaßnahmen im Umfang von 80 Unterrichtsstunden voraus. Eine Gründung direkt nach Studienabschluss ist also nicht so ohne weiteres möglich.
Das Fundament jedes erfolgreichen Unternehmens ist eine gute Geschäftsidee. Die Dichte an Architekten ist vergleichsweise hoch. Umso wichtiger ist es, dass Sie Lösungen entwickeln, mit der Sie die Probleme potentieller Kunden besser befriedigen können, als Ihre Wettbewerber. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf Ihre Positionierung am Markt zu werfen. Es gilt solche Nischen zu identifizieren, in denen das bestehende Leistungsangebot die Nachfrage unzureichend abdeckt und in denen Sie durch Ihr Zutun einen erheblichen Mehrwert schaffen können.
Beziehen Sie potentielle Kunden möglichst früh in den Prozess mit ein und lassen Sie diese an der Reifung Ihrer Geschäftsidee teilhaben. Damit ist nicht nur der direkte Austausch gemeint. Vielmehr sollten Sie bereits beim Entwickeln Ihrer Idee ein Gespür für Ihre Zielgruppe gewinnen, indem Sie diese aufmerksam beobachten, Wünsche und Bedürfnisse zusammentragen und Probleme identifizieren. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit und feilschen Sie so lange, bis Sie von Ihrer Idee zu 100% überzeugt sind.
Spätestens nachdem Sie Ihre Geschäftsidee entwickelt haben, sollten Sie damit anfangen Ihr A-Team aufzubauen. Wie zahlreiche Studien zeigen, gehört das Nichtvorhandensein eines starken Teams zu einem der Hauptgründe, warum Startups scheitern. Auch wenn Sie noch so talentiert und zielstrebig sind – Sie können und wollen nicht jede Aufgabe allein meistern. Gerade in der Anfangsphase sind Sie auf die Unterstützung anderer angewiesen. Sie brauchen jemand, mit dem Sie sich austauschen können, jemand, der Sie in schweren Zeiten motiviert und jemand, mit dem Sie Erfolge feiern können.
Vielleicht haben Sie Ihr Team bereits zusammen. Dann können Sie direkt zum nächsten Schritt weiterspringen. Für den Fall, dass Sie noch auf sich allein gestellt sind, können wir Ihnen nur raten, sich direkt auf die Suche zu begeben. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie dabei vorgehen können. Die erste Anlaufstelle ist natürlich das eigene Umfeld. Erkundigen Sie sich bei ehemaligen Kommilitonen, Mitarbeitern oder sonstigen Bekannten. Alternativ bieten jedoch auch das Internet, die Kammern und lokale Networking-Events gute Chancen.
Als nächstes steht die Entwicklung eines Geschäftsmodells an. Dieses beschreibt die Funktionsweise eines Unternehmens und zeigt auf, wie Sie einen Mehrwert für Ihre Kunden bzw. einen Ertrag für Ihre Organisation erwirtschaften. Grundlage hierfür ist immer eine ausgereifte Geschäftsidee, die in diesem Schritt weiter konkretisiert wird. Neben dem Kundennutzen und den Einnahmequellen, machen Sie sich im Rahmen des Geschäftsmodells auch erste Gedanken darüber, wie Sie Ihre Dienstleistungen vermarkten wollen und welche Leistungen Sie nur mithilfe von Partnern erbringen können.
Als bewährte Methode hat sich das Business Model Canvas etabliert, das vom Schweizer Unternehmer Alexander Osterwald ins Leben gerufen wurde. Dabei handelt es sich um ein visuelles Diagramm, dass in der Regel mit den folgenden neun Feldern ausgestattet ist: Kundensegmente, Wertangebote, Kanäle, Kundenbeziehungen, Einnahmequellen, Schlüsselressourcen, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselpartner und Kostenstruktur. Ziel ist es, das Geschäftsmodell anhand der vorgegebenen Struktur und Klebzetteln auf ein Blatt Papier zu bringen. Eine PDF-Vorlage ist Dank Alexander Osterwage hier aufrufbar.
Neben dem Business Model Canvas stellt der Businessplan ein zentrales Dokument auf dem Weg zur Existenzgründung dar. Zwar gibt es immer mehr Stimmen, die von der Erstellung eines Geschäftsplans abraten und diese für überflüssig halten. Wir bei YourProject widersprechen jedoch entschlossen und können Ihnen diesen Schritt deshalb nur empfehlen. Zum einen wird der Businessplan von Banken und sonstigen Geldgebern verlangt und ist ein absolutes Muss für die Erlangung einer Finanzierung. Zum anderen zwingt er Sie aber vor allem dazu, sich mit zentralen Themen intensiv auseinanderzusetzen.
Unser Businessplan umfasst insgesamt 50 Seiten und beinhaltet unter anderem folgende Kapitel: 1. Executive Summary, 2. Produkte und Dienstleistungen, 3. Markt und Wettbewerb, 4. Marketing und Vertrieb, 5. Geschäftsmodell, Geschäftssystem und Organisation, 6. Unternehmerteam, Management und Personal, 7. Realisierungsfahrplan, 8. Chancen und Risiken, 9. Finanzplan und Finanzierung. Ein Handbuch, auf das wir bei der Erstellung immer wieder zurückgegriffen haben, ist das „Handbuch zur Businessplan-Erstellung“ des netzwerk | Nordbayern, welches Sie hier abrufen können.
Jetzt, wo Sie einen Finanzplan vorliegen haben, wissen Sie, welche Kosten für die Gründung und in den ersten Geschäftsjahren anfallen. Bei diesem Schritt gilt es sich nun die Finanzierung Ihrer Unternehmungen zu sichern. Am besten halten Sie sich hier an unsere Reihenfolge und machen sich an diesen Schritt noch vor der eigentlichen Unternehmensgründung. Immer wieder begehen Gründungswillige den Fehler, sich zu schnell auf die Realisierung Ihrer Geschäftsidee zu stürzen. Zunächst sollten Sie jedoch die notwenigen Grundlagen schaffen, wobei die Finanzierung das zentrale Element darstellt.
Die erste Anlaufstelle ist häufig die Gruppe der Family, Friends & Fools (Familie, Freunde und Verrückte). Der große Vorteil: Sie behalten die Mehrheit an Ihrem Unternehmen und begegnen Geschäftspartner, die Sie kennen und in Sie vertrauen. Eine weitere bzw. zusätzliche Möglichkeit ist die Inanspruchnahme von öffentlichen Förderprogrammen. Gerade Unternehmungen, die noch vor der tatsächlichen Gründung stehen haben hier zumeist gute Chancen. Zu guter Letzt bleibt Ihnen natürlich die Aufnahme eines klassischen Kredits bei der Bank Ihres Vertrauens.
Nach wochenlanger Vorbereitung steht nun die Unternehmensgründung an. Die wichtigsten Aufgaben stellen hier die Wahl der Rechtsform und das Aufsetzen eines Gesellschaftsvertrages dar. Von der Wahl der Rechtsformen hängen gleich mehrere Faktoren ab. Sie bestimmt über die Haftung, steuerrechtliche Behandlung, den Verwaltungsaufwand und vieles mehr. Unser Rat: Planen Sie sich für diesen Schritt ausreichend Zeit ein und lassen Sie sich von Steuerberater und Rechtsanwalt beraten. Nachträgliche Änderungen sind meist mit erheblichem zeitlichem und finanziellem Mehraufwand verbunden.
Die gängigsten Rechtsformen stellen das Einzelbüro, die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), die Partnergesellschaft (PartG) und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) dar. Während der Architekt beim Einzelbüro ganz auf sich allein gestellt ist und auch persönlich mit seinem privaten Vermögen haftet, erlauben Gesellschaften eine gemeinsame Berufsausübung und abhängig von der Rechtsform eine Haftungsbeschränkung. Wir wollen an dieser Stelle nicht den Rahmen sprengen und auf jede Rechtsform im Einzelnen eingehen. Eine gute Aufbereitung der Thematik finden Sie jedoch in einem Leitfaden der Akademie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen sowie in einem Handbuch der Architektenkammer Niedersachen.
Noch während und unmittelbar nach der Gründung müssen Sie eine Reihe von Anmeldungen vornehmen. Der Umfang der zu erledigenden Aufgaben hängt insbesondere von der gewählten Rechtsform ab. So fordert die Unternehmensform GmbH und PartG beispielsweise die Eintragung ins Handelsregister bzw. Partnerschaftsregister. Die in anderen Branchen verpflichtende Gewerbeanmeldung ist für die Ausübung freiberuflicher Leistungen nicht erforderlich. Hinzu kommt die Meldung beim Finanzamt verbunden mit der Beantragung einer Steuernummer.
Wichtig ist außerdem die Eröffnung eines Geschäftskontos. Dieses benötigen Sie noch bevor Sie erste Ausgaben tätigen bzw. Einnahmen erzielen. Da dieser Vorgang mehrere Wochen in Anspruch nimmt, sollten Sie diesen Schritt unmittelbar nach Gründung vornehmen. Weitere Aufgaben stellen die Eintragung bzw. Umtragung in die Architektenliste, der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und eine Meldung bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft dar. In dem oben genannten Handbuch der AKNDS werden die Anmeldungen bzw. Aufgaben ausführlicher beschrieben. Stellen Sie sich unbedingt eine To-Do-Liste zusammen und lassen Sie sich auch hier von Steuerberater und Anwalt fachkundig beraten.
Zu den zentralen Aktivitäten des Architekten gehören sicherlich das Entwerfen und Planen. Und trotzdem vermarkten sich auch die besten Entwürfe nicht allein. Darin liegt der Unterschied zwischen hervorragenden Entwürfen und hervorragenden Architekturbüros. Mit der Akquise erster Kunden bzw. Projekte haben Sie sich ja bereits während der Erstellung Ihres Businessplans beschäftigt und deshalb idealerweise ein vielversprechendes Marketingkonzept vorliegen, welches es nun umzusetzen gilt.
Eine der größten Herausforderungen stellt mit Sicherheit der Mangel an Referenzen dar. Ihre Aufgabe ist es daher, sich zunächst Vertrauen bei potentiellen Kunden aufzubauen und von Ihren Stärken zu überzeugen. Neben den klassischen Maßnahmen, bietet gerade das Online-Marketing die Chance durch mit geringem Kapitalmitteleinsatz große Wirkung zu erzielen. So können Sie auf der eigenen Website, in den sozialen Medien oder auf sonstigen Plattformen beispielsweise Entwürfe bzw. Visualisierungen von Projektierungen veröffentlichen. Näheres dazu finden Sie in unserem Artikel „Online-Marketing für Architekten“, den Sie hier abrufen können.
Erfolgreiche Projekte zeichnen sich vor allem durch eine intensive Zusammenarbeit aus. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, kann dieses auch mühelos erreicht werden. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen, stellt dies beim Bauen eine besondere Herausforderung dar. Kein Bauprojekt gleicht dem anderen und es sind schnell über ein Duzend Gewerke beteiligt, die koordiniert und überwacht werden müssen.
Die Bildung eines starken Teams ist ein Thema, mit dem Sie sich frühzeitig auseinandersetzen sollten. Investieren Sie in den Aufbau eines verlässlichen Netzwerks bestehend aus Fachplanern und ausführenden Fachbetrieben. Dies kommt Ihnen gleich mehrfach zugute. Zunächst können Sie sich intensiver mit Ihren Stärken auseinandersetzen und auf einen bestimmten Bestandteil des Wertschöpfungsprozesses spezialisieren. Außerdem lassen sich durch ein eingespieltes Team erhebliche Zeit- und Kostenvorteile realisieren, von denen nicht nur Sie, sondern auch Ihre Bauherren profitieren.